Biodiversität an Baggerseen, Steinbrüchen und Kiesgruben: Biotope für seltene Tiere und Pflanzen
Seit Ende der 1970er Jahre gibt es die Erkenntnis, dass stillgelegte Gewinnungsflächen wichtige Funktionen für den Biotop- und Artenschutz übernehmen. Aufgelassene Steinbrüche weisen hohe Artenzahlen und einen hohen Anteil gefährdeter Pflanzen- und Tierarten auf. Eng verzahnt treten verschiedenste Ausbildungen von Biotoptypen auf, die häufig gefährdet, bedroht und selten sind. Ursache dieser Vielfalt sind die langanhaltenden Entwicklungszeiten, die wenig durch den Menschen beeinflusst bzw. gestört werden. Dadurch ist eine große Standort- und Strukturvielfalt entstanden.
Dass diese Erkenntnis auch für betriebene Steinbrüche, Kiesgruben und Baggerseen gilt, konnte durch wissenschaftliche Arbeiten der letzten zwei Jahrzehnte eindrücklich und auf breiter fachlicher Basis belegt werden. Die in Betrieb befindlichen Abbauflächen sind charakterisiert durch sehr hohe Tier- und Pflanzenartenzahlen, von denen zahlreiche Arten gefährdet sind. Die Werte sind häufig vergleichbar bzw. sogar höher als in den meisten Biotopen des Umfelds. Ursächlich verantwortlich hierfür sind im Wesentlichen drei besondere Eigenschaften von Gewinnungsstätten die:
- Nährstoffarmut,
- Vielfalt an Lebensräumen und
- die hohe Standortsdynamik
Diese drei Eigenschaften sind in unserer modernen Kulturlandschaft nur noch selten solo und noch seltener als Trio anzutreffen.
Durch diese Erkenntnisse hat sich das Bild von Rohstoffgewinnungsstätten im Laufe der letzten Jahrzehnte gewandelt. Es ist deutlich geworden, dass der ökologische Wert der Lebensräume, die in Baggerseen, Kiesgruben und Steinbrüchen entstehen, höher sein kann als der zuvor vorhandenen Lebensräume. Bei gutem Management während und nach der Gewinnungsphase können sich diese sogar zu regelrechten Hotspots der Artenvielfalt entwickeln. Der Anteil seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten an dieser Vielfalt ist oftmals besonders hoch.
Tiere in ehemaligen Steinbrüchen, Kiesgruben und Baggerseen
Die Schaffung bzw. Erhaltung von Rohbodenstandorten, Wanderbiotopen oder Biotopvernetzungselementen sind wichtige strategische Bestandteile eines modernen und dynamischen Naturschutzes. Schon heute sichern viele Betreiber von Gewinnungsstätten den Lebensraum für viele Boden- und Felsenbrüter, wie z.B.
- Kolkrabe,
- Uhu,
- Flussregenpfeifer,
- Bienenfresser oder
- Wanderfalke
Ebenso werden Lebensräume für viele gefährdete Amphibien- und Reptilienarten geschaffen und erhalten, z.B. für
- Kammmolch,
- Wechselkröte oder
- Gelbbauchunke
Zahlreiche weitere „Charakter-Arten“ der Gewinnungsstätten sind außerhalb dieser Lebensräume hochgradig gefährdet.